Berufungsverhandlung 4.-8. März 2024

Vom 4. bis 8. März 2024 standen vier der sechs Jugendlichen vor dem Berufungsgericht in Mytilene auf der griechischen Insel Lesbos. Nach einer dreitägigen Gerichtsverhandlung wurde einer der Angeklagten, F., erneut für schuldig befunden. Das zweifelhafte Urteil aus erster Instanz (Juni 2021) wurde bestätigt, lediglich das Strafmaß wurde wegen guter Führung im Gefängnis von 10 auf 8 Jahre reduziert.[1] Die dreitägige Verhandlung, an der viele Aktivist:innen, Medienvertreter:innen und internationale Prozessbeobachter:innen teilnahmen, war von rassistischen Äußerungen der Staatsanwältin und einem erneut unfairen Gerichtsprozess geprägt.

Die drei weiteren Angeklagten kamen nach dreieinhalb Jahren ungerechtfertigter Haft frei, nachdem das Gericht anerkannt hatte, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung noch minderjährig waren und daher 2021 von einem nicht zuständigen Gericht verurteilt worden waren. Sie warten nun auf ihre Gerichtsverhandlung vor dem Jugendgericht in Mytilini, die am 24. März 2025 stattfinden wird. Ihr neuer Anwalt, Zacharias Kesses aus Athen, wird sie dort vertreten.

Zwei Jugendliche der „Moria 6“ wurden in einem getrennten Verfahren im März 2021 vom Jugendgericht zu einer Haftstrafe von 5 Jahren verurteilt, die im Berufungsverfahren im Juni 2023 auf 4 Jahre reduziert wurde. A.A. wurde im Sommer 2023 auf Bewährung aus der Haft entlassen. M. wurde nicht nur die Freilassung auf Bewährung verweigert, er wurde zudem im Anschluss an die Haftstrafe in Abschiebehaft genommen. Erst im März 2024 wurde er überraschend freigelassen. Für die beiden Teenager wurde im Mai 2024 eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.

Die Verurteilung der insgesamt sechs Jugendlichen ist ein weiteres schockierendes Beispiel für die Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht. Sie zielt darauf ab, die Verbrechen der EU und Griechenlands zu vertuschen, welche menschenunwürdige Camps wie das Camp Moria zu bauen, illegale Push-backs durchzuführen und Schutzsuchende durch Rechtsreformen wie das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) systematisch entrechten.

[1] F. wurde inzwischen auf Bewährung entlassen, muss sich aber weiterhin Griechenland aufhalten.

This entry was posted in General, Lesbos, Moria6. Bookmark the permalink.